Wie gründe ich eine Schreibgruppe?

6 wichtige Tipps und Grundlagen für die Gründung einer privaten Schreibgruppe

Immer wieder kontaktieren uns Autoren auf der Suche nach einer Schreibgruppe. Leider scheint es davon immer noch zu wenig zu geben, aber wenn du motiviert bist und nicht länger suchen möchtest – was hält dich ab? Gründe eine eigene Schreibgruppe!

Wir helfen dir gerne bei dem Start mit unseren gesammelten Erfahrungen.

Die Herausforderungen in Kürze:

  • Mitglieder finden
  • einen Gruppenleiter bestimmen
  • einen geeigneten Schreibort finden
  • das Schreibtreffen organisieren
  • gemeinsame Schreibziele finden
  • das Know-how zum Führen einer Schreibgruppe erlernen

Beschleicht dich beim Lesen der Herausforderungen ein mulmiges Gefühl? Ich kann das als Leiterin einer Schreibgruppe absolut nachvollziehen, denn vor diesen Punkten stand ich Anfang 2020, als sich unsere erfahrene Dozentin kurz entschlossen aus dem Themenbereich Schreiben zurückzog.

Mit unserer Dozentin verloren wir unseren Schreibraum sowie einige Mitglieder, die während der Corona-Krise nicht auf digitales Schreiben wechseln wollten. Gleichzeitig entdeckten andere Autoren und Autorinnen ihre Schreiblust während der Krise und wollten zu uns stoßen.

Es gab sicherlich auch den einen oder anderen Moment, in dem sich die Frage stellte – lohnt sich eine Schreibgruppe? Und um es vorwegzunehmen: auf jeden Fall!

Auch für dich als Solo-Autor oder Autorin, wenn es dir gelingt, die richtigen Mitstreiter zu finden.

Warum sollte ich eine Schreibgruppe gründen?

Warum solltest du dir dein Leben schwerer machen und dir eventuell weitere zusätzliche Aufgaben aufladen? Schließlich kann man problemlos online, per E-Mail oder sogar per Brief zusammenarbeiten.

Ihr habe mir diese Frage auch gestellt, aber gerade in der Corona-Zeit und unseren Online-Schreibabenden über Slack stellte sich heraus: nichts ersetzt die Dynamik einer Schreibgruppe, die sich persönlich trifft!

Zusammen lernen, gemeinsam schreibend zu wachsen, zu hören, wie ein Autor oder eine Autorin den gerade geborenen Text vorträgt, ist aufregend, motivierend und oft genug auch überraschend.

Du triffst Menschen, denen du im Alltag sonst nie begegnen würdest. Sie legen dir eine andere Welt zu Füßen, lassen dich näher an sie herankommen, als manch Anderen aus ihrer Familie.

Damit du den Text richtig interpretierst, ist es wichtig, ihn mit allen Sinnen wahrzunehmen – und nicht nur eindimensional. Die Stimme des Vortragenden verbindet sich mit den Wörtern, Emotionen schwingen mit – was dieser Rohfassung fehlt, wird durch Ausstrahlung und/oder Erklärungen wettgemacht.

Außerdem lernst du, Kritik zu üben und anzunehmen. Du freust dich über den Erfolg eines Autors, weil du ihn persönlich kennst. Ein bisschen Neid darf als Ansporn natürlich dabei sein ;-).

Hinter all diesen Vorteilen steht immer eines: Schreiben ist dir wichtig! Diese Erkenntnis möchtest du mit anderen teilen. Das ist dein Motor. Du möchtest mit Geschichten bewegen und vielleicht auch etwas verändern.

Ich weiß, wie viel Mut zum Schreiben gehört. Und ich bewundere dich dafür, wenn du es angehen oder ihr eure Gruppe ausbauen wollt. Ein Autor muss kein Einzelkämpfer sein! Dieses Bild ist noch in so vielen Köpfen verbreitet, helft uns dabei, das zu ändern!

Wo finde ich Mitglieder für eine Schreibgruppe?

Die passenden Mitglieder zu finden, ist eine der größten Schwierigkeiten einer Schreibgruppe. Wir sind damals im Rahmen einer VHS-Schreibwerkstatt zusammengekommen. Als diese aufgelöst wurde, haben wir privat weiter geschrieben.

Das ist natürlich der Idealfall – über eine bestehende Gruppe passende Autoren zu finden -, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass deine Suche einfach nichts ergibt und wohl auch der Grund, warum du diesen Artikel liest ;-).

Tatsächlich haben wir später die meisten Autoren über Mundpropaganda oder auch über unsere Social Media Aktivitäten gefunden. Am besten suchst du dir einen Kanal aus, der dir liegt und startest einen Aufruf. Es schadet auch nichts, im Bekanntenkreis oder auf der Arbeit zu fragen. Ich habe tatsächlich eine unserer Autorinnen bei einem Schüleraustausch unserer Kinder kennengelernt. Manchmal hilft der Zufall.

Wichtig ist, dass du dort suchst, wo dich deine idealen Mitautoren auch finden können. Nutze z.B. Instagram oder andere gerade angesagten Foren für jüngere Mitglieder. Facebook eignet sich hervorragend für Autoren mittleren Alters. Mit einer Anzeige im Lokalblatt oder Aushängen im Supermarkt oder der nächsten Bibliothek findest du Autoren, die eher weniger im Internet sind.

Oder hast du bereits einen Freund oder eine Freundin, die mit dir eine Gruppe gründen möchte? Noch besser, dann musst du die Suche nicht allein bewältigen.

Wer leitet die Schreibgruppe?

Da hatten wir es „federleicht“, denn nach der Gründung unserer privaten Schreibgruppe konnten wir damals unsere ehemalige Dozentin als Leiterin gewinnen.

Gerade wenn du mit einem Freund oder eine Freundin startest, fällt es dir vielleicht schwer, zu entscheiden, wer leiten soll, aber dann solltet ihr die Aufgaben mindestens klar verteilen. Ab 3 Mitglieder empfiehlt es sich, zumindest einen Proforma-Leiter festzulegen, damit die Gruppe geschlossen auftreten kann, wenn es z.B. um neue Mitglieder geht oder auch die Raumsuche.

Am besten ist es allerdings von Anfang an festzulegen, wer leitet. Ihr könnt ja regelmäßig wechseln.

Bei uns ist es so, dass ich zwar in allen offiziellen Dingen die Leiterin der Schreibgruppe bin, die Schreibabende werden allerdings im Wechsel moderiert. Jeder kommt mal dran, unabhängig vom Wissenstand oder Dauer der Zugehörigkeit und hat so die Chance Schreibgruppenleiter-Luft zu schnuppern.

Wenn es hart auf hart kommt, gibt es natürlich nur einen Ansprechpartner, aber das ist auch wichtig, damit die Gruppe nicht nur diskutiert, sondern auch Entscheidungen treffen kann.

Wo finde ich einen geeigneten Ort für meine Schreibgruppe?

Diese Fragen durften wir uns vor wenigen Monaten stellen, als wir mit unserer langjährigen Leiterin auch unseren Schreibraum verloren.

Tipp 1 für die Suche nach einem geeigneten Schreibraum: dein Umfeld! Gibt es irgendwo einen beheizten Partyraum, eine ausgebaute Garage, die Kantine oder den Besprechungsraum einer Firma?

Sicherlich kommt für den Anfang auch ein Wohnzimmer in Frage, aber der Gastgeber wird immer abgelenkt sein.

Gerade das Schreiben an einem fremden Ort macht das Schreiben in der Gruppe spannend.

Euer erster Schreibort muss nicht perfekt sein, aber wenn er für alle „neu“ ist, könnt ihr zusammen als Gruppe starten und niemand hat einen Heimvorteil.

Welche Bedingungen sollte ein Schreibraum erfüllen:

  • ruhig und möglichst abgeschlossen (ein Raum, ein Hinterzimmer, kein Durchgangsraum oder Flur)
  • ausreichend Schreibplätze (Sitzgelegenheiten und Tische)
  • Freiraum (zu beengt kann beim Schreiben irritieren, einige Autoren brauchen Platz, um sich auszubreiten – im Kopf, aber auch physisch)
  • der Raum sollte zum Budget der Gruppe passen (unbedingt vorher das Maximum für eine Monatsmiete festlegen, das auch noch funktioniert, wenn ein Autor ausfällt)

Welche Aspekte machen den potenziellen Schreibraum noch attraktiver?

  • ein Raum, der zentral liegt und gut zu erreichen ist
  • der euch ein Zeitfenster zum Schreiben bietet, das sich ggf. auch mal ausdehnen lässt
  • eine Möglichkeit Tee, Kaffee oder Snacks zuzubereiten (Schreiben macht hungrig und durstig :-))

Tipp 2 richtet sich eher an größere Gruppen bzw. Gruppen, die Räumlichkeiten entwachsen wollen, die zu klein geworden sind oder nicht das richtige Umfeld bieten: Sucht andere Vereine oder Hobby-Gruppen!

Wo treffen sich Nähkurse, finden Skatabende statt oder kommen andere Vereine und Gruppen zusammen? Nicht alle Vereins- oder Versammlungsräume sind ausgelastet. Häufig finden sich noch ein paar Termine im Gemeindehaus einer Kirche, in Begegnungsstätten, Bildungs- oder Stadtteilzentren.

Wir haben lange Jahre in einem Gemeindehaus geschrieben und uns teilweise die Räumlichkeiten mit einem Kindergarten geteilt. Es geht doch nichts über den Duft von Dinosaurier- oder Einhorn-Gummistiefeln ;-).
In Kindergärten gibt es aber auch häufig einen (gummistiefelfreien) Besprechungsraum, der z.B. in den Abendstunden nicht genutzt wird.

Seid kreativ und bleibt am Ball. Selbst wenn ihr ein paar mehr Mitglieder seid, die Raummiete sollte nicht euer komplettes Budget verschlingen.

Wenn ihr auf der Suche seid und geeignete Orte bzw. Personen anschreibt, fragt gleichzeitig nach Alternativvorschlägen. Auf diese Art und Weise haben wir trotz Absage zusätzliche Tipps für die Suche bekommen, auf die wir sonst nicht gekommen wären.

Wie gestalte ich ein Schreibgruppentreffen?

Du hast es geschafft: eine Schreibgruppe gegründet, Autoren gefunden und auch einen passenden Schreibort – aber wie geht es weiter?

In dem Beitrag Schreiben auf Zeit habe ich zusammengefasst, wie wir schreiben. Das hat sich coronabedingt ein wenig geändert, ist aber auch immer von der Zusammensetzung der Gruppe und ihren gemeinsamen Schreibzielen abhängig.

Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, ihr habt euch neu gefunden und keine Ahnung, wie ihr jetzt gemeinsam schreibt.

Erarbeitet euch einen Zeitplan, der zu eurem Zeitfenster passt. Stellt fest, wie viel Zeit ihr braucht:

  • zum gemeinsamen Schreiben
  • zum Vorlesen
  • um über Inhalte zu diskutieren

Je nachdem, was ihr in eurer gemeinsamen Schreibarbeit unterbringen wollt, empfehlen sich Schreibeinheiten von 20-30 Minuten. Zum Einstieg eignet sich etwas zum „Ankommen“, also z.B. Freischreiben, eine Schreibübung, ein Schreibspiel.

Tragt die Ergebnisse anschließend vor (außer Freischreiben). So lernt ihr den anderen Autor, seine Stärken und seine Schwächen besser kennen. Äußert Kritik, aber sie sollte berücksichtigen, dass Texte spontan entstanden und nicht überarbeitet sind. „Fehler“ sind erlaubt. Der Spaß am Schreiben sollte im Vordergrund stehen.

In den ersten Jahren haben wir für die zweite Schreibeinheit fortlaufend zu einem gemeinsamen Thema geschrieben, z.B. „Vertauscht“ oder uns passende Ausschreibungen gesucht. Wer wollte, konnte den Text anschließend einreichen.

In der Gruppe wurden dann die Ergebnisse der vor Ort geschriebenen Texte oder der „Hausarbeit“ besprochen.

Bitte denkt immer daran, ein Text in der Rohfassung ist wie die Skizze eines Malers. Erst nach der Überarbeitung wird ein Gemälde daraus. Kritik sollte immer konstruktiv und möglichst positiv sein.

Beim Schreiben geht es sehr häufig um die eigene Gefühlswelt, Erfahrungen, aber auch um Ängste. Geht also mit Kritik insgesamt behutsam um, denn es wird allzu schnell persönlich aufgefasst.
Konstruktive Kritik ist natürlich angebracht, wenn es um überarbeitete Texte geht oder ein Autor dies ausdrücklich wünscht.

Wie finden wir gemeinsame Schreibziele?

Um es vorwegzunehmen – eine Schreibgruppe funktioniert auch ohne Ziele. Ihr trefft euch zum Schreiben, tauscht euch aus, profitiert von dem Wissen und den Erfahrungen anderer.

Erfahrungsgemäß schweißt es eine Gruppe aber eher zusammen, wenn sie ein Ziel vor Augen hat und auch ein gewisser Termindruck vorherrscht.

Mögliche Ziele für eine Schreibgruppe sind u.a.:

  • das Schreiben einer Kurzgeschichte zu einem vorgegebenen Thema
  • die Abgabe von Texten in einem bestimmten Umfang zu einem vorgegebenen Termin
  • gemeinsam Texte für eine Ausschreibung verfassen
  • für eine geplante Lesung schreiben
  • eine Textsammlung herausbringen
  • an einem gemeinsamen Romanprojekt oder einem Bühnenstück zu schreiben

Fällt euch noch mehr ein? Bis auf den letzten Punkt, den eine befreundete Schreibgruppe verfolgt, haben wir alles bereits ausprobiert. Welches Ziel für euch in Frage kommt, hängt vor allem vom Ehrgeiz und Einsatz der Autoren ab.

Wie eigne ich mir das passende Know-how zum Leiten einer Schreibgruppe an?

Mit dieser Frage betrittst du dünnes Eis, denn nichts ist den Deutschen so wichtig wie ihre Schubladen!

Ohne ein Studium gibt es meines Wissens nach nur wenige alternative und sehr teure Wege, die dich wirklich als Schreibgruppenleiter qualifizieren. Um diese Aufwendungen wieder hereinzuholen, wechselst du am besten anschließend deinen Beruf – aber das hast du wahrscheinlich eher weniger vor.

Dennoch möchtest du für deine Gruppe und dich das Beste herausholen.
Wie geht das, wenn du keinen Literaturexperten, Deutsch-Lehrer oder Verlagsautor kennst, den du für eine Schreibgruppe an deinem Wohnort begeistern kannst?!

Die Lösung ist naheliegend, wird nur nicht gern gesehen – eigene dir das Handwerkszeug zum Autor an!

Inzwischen gibt es tolle Online-Angebote, Wochenend-Seminare und natürlich auch Fachliteratur zum Thema Kreatives Schreiben. Außerdem lässt sich der eine oder andere Schreibcoach auch zu gemeinsamen Workshops engagieren.

Und wenn dir das zu viel wird mit dem Lernen – teile es auf.

In einer Schreibgruppe könnt ihr jeweils abwechselnd zu Themen recherchieren und sie der Gruppe vortragen bzw. zusammen erarbeiten.

Vielleicht hilft es dir auch, dass der Stellenwert einer Schreibgruppe z.Zt. irgendwo zwischen absoluter Schreibanfänger und Hobby-Autor liegt. Also setz dich bezüglich der Inhalte nicht zu sehr unter Druck.

Es wird nicht erwartet, dass eine Schreibgruppe eine Schmiede für Bestseller-Autoren ist. Leider.

Sag „Ja“ zur Schreibgruppe

Es gibt viele Gründe, die gegen eine Schreibgruppe sprechen.

Aber noch viel mehr, die dafür sprechen:

  • du triffst Gleichgesinnte
  • der finanzielle Aufwand bzw. Beitrag hält sich in Grenzen
  • du schreibst regelmäßig
  • du erhälst ehrliches Feedback
  • du lernst mit Kritik umzugehen und trotzdem deinen eigenen Schreibweg zu finden
  • du erlebst wie deine Texte ankommen, bevor dein innerer Lektor wochen-, monate- oder vielleicht sogar jahrelang korrigiert
  • im Idealfall lernst du mit oder durch die anderen neue Schreibtechniken
  • du erlebst Schreiben als etwas, dass nicht „seltsam“ ist, sondern genauso gesellschaftsfähig wie ein Computerclub, Kartenspielen oder ein Literaturzirkel

Nun fragst du dich vielleicht am Ende: warum sollte ich mir die Mühe machen?

Die Antwort liefert dir deine Schreibgruppe, wenn sie dich freundlich aber bestimmt darauf aufmerksam macht, dass du den Namen deines Helden mal eben unbewusst ausgetauscht hast. Wenn du die gleiche Metapher schon in drei anderen Texten verwendet hast, ständig Füllwörter verwendest oder du nicht länger von deinem Romanprojekt erzählen sollst, sondern es endlich schreiben.

Eine Schreibgruppe macht dich nicht zum Bestseller-Autor, aber sie begleitet dich auf dem Weg vom Schreiben für dich allein zu Texten, die von einem aufmerksamen Publikum gehört werden.

Das ist mindestens ein weiterer Schritt auf deiner Schreibreise.

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